Projekt Nordkap - mit dem Camillobil zum Nordpolarmeer
Ich habe mich ein Jahr lang darauf vorbereitet. Stundenlang saß ich im Winter auf der Trainingsrolle und habe gekurbelt und in den letzten Monaten zusätzlich meinen Rücken trainiert, um beschwerdefrei zu sein. Ich bin mehrere Tage hintereinander knapp 100 km mit einem 50 Kg Hänger gefahren und habe in Helsingborg anstandslos Camillos Dünschiss herausgeputzt. 7 Tage in Folge bin ich nass geworden und habe es mit Demut ertragen. Knapp 1200 km habe ich geschafft und fünfmal in den Wald...
Ich frage sie, ob sie von hier ist, während sie mir meinen Kaffee mit Hafermilch serviert. Nein, sie arbeitet nur im Sommer hier, im Winter lebt sie in Linköping, wo ihre Tochter studiert. Meine Jacke dampft auf der Heizung den letzten Regenschauer aus. Ich schaue durchs Fenster. Kurz kommt die Sonne wieder heraus. Draußen fahren Autos durch Pfützen und ziehen Regenbogen hinter sich her. Ihr Englisch ist perfekt, während sie bei mir sofort hört, dass ich Deutscher bin. Die Deutschen haben...
Ein kleines Plastikkärtchen berechtigt mich dazu, in alle Länder der EU einzureisen. Ich kann gehen, wohin ich möchte und bleiben, solange ich möchte. Ich habe dafür nichts getan. Ich habe dieses Plastikkärtchen bekommen, weil ich zufällig in einem Land geboren wurde, das mich angeblich dazu berechtigt. Ich habe dafür nichts geleistet, ich musste dafür keine Prüfung bestehen, ich müsste dafür nicht einmal eine bestimmte Sprache sprechen. Andere haben weniger Glück. Sie flüchten...
Diesmal habe ich Sonne. Endlich. Und Wind. Sehr starken Wind. Aber ich habe Glück und es ist Rückenwind, der mich die ersten 20 km die Berge hoch trägt. Dann fängt es wieder an zu nieseln. Kein Problem. Hatte der Wetterbericht ja vorhergesagt. Ein kurzer Schauer. Ich halte rechts und ziehe die Regenjacke an. Dann hört es wieder auf. Achso? Dann eben ohne Jacke weiter. Einen Kilometer schaffe ich, dann schüttet jemand einen Eimer Wasser über mich aus. Camillo liegt in seinem Hänger von...
Ich bin in einem Zelt, mitten im Wald, es ist stockdunkel, der Regen hämmert auf das Polyester und ich fühle mich wohl, da wo ich jetzt bin. Ich war neun Jahre alt, als mich meine Mutter in den Keller gesperrt hat. Es war eine kleine Abstellkammer unter der Treppe, in der sich alte Schuhe, ein Camping- und zwei Katzenklos befunden haben. Wenn ich auf Toilette muss, dann kann ich ja da drauf, sagte sie noch und sperrte ab, ohne den Lichtschalter von außen zu betätigen. Es war dunkel, aber...
Was ich bisher gelernt habe. Es fängt an zu regnen, wenn ich gewartet habe, bis der Regen aufhört und gerade losfahren will. Es fängt an zu regnen, wenn ich gewartet habe, bis alles wieder vollständig getrocknet ist. Wenn ich losfahre, während der Regen schwächer wird, dann wird er wieder stärker. Wenn die Regenwahrscheinlichkeit 15% beträgt, dann bekomme ich 100% davon ab. Es hört auf zu regnen, wenn ich es aufgebe heute noch weit zu fahren, mein Zelt aufbaue und fängt wieder an,...
Das sind Robin, Elin, Baby Heli und Kater Puma (im Gebüsch, wollte nicht aufs Foto). Gefunden habe ich diese äußerst liebenswerte Familie auf der Plattform von #couchsurfing, wo sie Reisenden eine Übernachtung in ihrem Haus anbieten. Sie haben mich gestern Abend sehr liebevoll empfangen und erst einmal mit einer warmen Suppe und Hafer-Schokolade versorgt. Nach einem verregneten Vormittag (wieder einmal), habe ich mit Elin und Baby Heli noch einen Spaziergang gemacht. Sie schließen ihre...
Tag 11. Bislang hatte ich immer zwischen Kilometer 40 und 50 ein mentales und physisches Tief. Heute ging es von Kilometer 40 bis 75. Mein Körper braucht nun zunehmend energiereiches Essen, die eigenen Reserven reichen nicht mehr. Ich halte an einem Supermarkt und entdecke "Raw Balls" - kleine Kalorienbomben, gefüllt mit Datteln, Schokolade und Kokosöl. Ich verputze sie zusammen mit Cola, Müsliriegel und Bananen direkt noch auf dem Parkplatz. Ein sportlicher älterer Schwede gesellt sich zu...
Ein sehr durchwachsener Tag geht zu Ende. Landschaftlich war es eine der schönsten Strecken überhaupt, die ich bisher gefahren bin. Leider kam der erste Regenschauer heute derart schnell, dass ich bereits durchnässt war, bevor ich überhaupt meine Regenjacke anhatte. Beim zweiten Wolkenbruch habe ich schon gar nicht mehr angehalten. Meine Klamotten sind klamm bis total durchnässt. Bereits nach 45 km möchte ich nur noch eine warme Hütte und halte bei einem Naturcampingplatz. Die Chefin...
Tag 10. Weiter geht's Richtung Norden. Meine Vorräte sind aufgefüllt, Camillo sitzt entspannt im Hänger hinter mir, ich habe endlich wieder frisch gewaschene Wäsche und die Beine wollen kurbeln. Die Straße vor mir ist leer und mein einziger Gesprächspartner taucht wieder auf: Ich. Langsam bin ich etwas genervt von mir. Mir geht ein Satz nicht mehr aus dem Kopf, den Maja und Stefan vor meiner Abreise zu mir gesagt haben: Ein wenig beneiden sie mich ja schon, dass ich das machen kann, sie...